Die Logik des Populismus: Geld nehmen, Schuld abgeben
Ungarn ist wirtschaftlich stark von EU-Fördermitteln abhängig. Große Teile der Infrastruktur, Bildung und Landwirtschaft werden durch europäische Gelder finanziert. Dennoch inszeniert Orbán sich als Verteidiger „ungarischer Souveränität“ gegen „Brüssel“. Diese Doppelrolle funktioniert, weil sie zwei zentrale Bedürfnisse bedient: wirtschaftliche Stabilität und emotionale Abgrenzung. Er kassiert die Vorteile der EU, ohne ihre Werte – Rechtsstaatlichkeit, Pressefreiheit, Gewaltenteilung – wirklich zu respektieren.
Für viele Bürger ist das schwer zu durchschauen, weil die EU als komplexes, fernes System wahrgenommen wird. Orbán hingegen liefert einfache Botschaften: Wir gegen sie. Er emotionalisiert Politik, reduziert sie auf Identität und Stolz. Wo die EU in Paragraphen und Prozessen denkt, spricht er in Bildern und Gefühlen. Das ist politisch wirksam – selbst wenn es rational widersprüchlich ist.
Warum Menschen solchen Politikern folgen
Man könnte meinen, dass sich diese Strategien leicht entlarven lassen. Doch Populismus lebt nicht von Argumenten, sondern von Emotionen. Menschen suchen in unsicheren Zeiten nicht primär rationale Lösungen, sondern Orientierung, Zugehörigkeit und Schutz.
Populistische Politiker schaffen genau das: Sie sprechen Ängste an, versprechen Kontrolle und geben klare Feindbilder vor. In einer komplexen Welt bieten sie einfache Geschichten. Wer sich sozial abgehängt oder kulturell verunsichert fühlt, findet darin Halt.
Hinzu kommt, dass Orbáns Regierung den größten Teil der ungarischen Medien kontrolliert. Kritische Informationen werden verdrängt, die eigene Erzählung dominiert. Wenn EU-Kritik täglich als patriotische Pflicht erscheint, wird sie für viele Bürger zur gefühlten Wahrheit. So entsteht ein geschlossenes Wahrnehmungssystem, in dem Populismus rational kaum noch angreifbar ist.